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IDAHOBITA* 2023: Rückblick zum Schwerpunktthema "Regenbogenfamilien"

In 2023 hat sich die Koordinierungsstelle für LSBTIQ-Themen im AmkA das Schwerpunktthema "Regenbogenfamilien" gesetzt. Auch beim IDAHOBITA*, dem internationalen Tag gegen homo-, bi-, inter-, trans- und a*-Feindlichkeit am 17. Mai 2023 wurde das Thema aufgegriffen. Hier gibt's die Statements bei der Gedenkveranstaltung am Frankfurter Engel und weitere Infos zum Thema zum Nachlesen.

Regenbogenfamilien sind Familien mit mindestens einem queeren Elternteil. Regenbogenfamilien sind keine Seltenheit: 30 Prozent der weiblichen und 10 Prozent der männlichen LSBTIQ-Personen leben in einem Haushalt mit mindestens einem Kind. Allerdings fehlt es Regenbogenfamilien immer noch an Sichtbarkeit.
 

Anerkennung der Elternschaft als große Hürde

Zum Beispiel finden sich in Kinderbüchern selten queere Eltern und in vielen Bereichen wie Geburtsvorbereitungskursen oder Formularen werden queere Identitäten nicht mitgedacht. Das können schon einzelne Formulierungen wie "Mutter und Vater des Kindes" anstatt "Eltern" sein, die Regenbogenfamilien sprachlich ausschließen.

Bei einer Abfrage im Rahmen einer Veranstaltung unserer LSBTIQ-Fachstelle gaben zwei von drei Regenbogenfamilien an, dass sie gesellschaftlich nicht gleichgestellt sind. Von Diskriminierungserfahrungen berichten diese Familien vor allem im medizinischen Bereich und in Behörden. Eine große Hürde ist hier die Anerkennung der Elternschaft und Adoptionsverfahren.

Gleichgeschlechtliche Paare müssen in Deutschland nach wie vor den Weg über eine Stiefkindadoption gehen, wenn beide rechtliche Eltern werden wollen – auch wenn das gemeinsame Wunschkind in der Partnerschaft geboren wurde. Eine Stiefkindadoption bedeutet für Familien aufgrund der damit verbundenen Prüfungen des Jugendamts und des Gerichts einen großen Druck und eine Belastung des Familienlebens. Das Kind hat in der Zeit des Verfahrens nur ein rechtliches Elternteil und ist damit weniger abgesichert.
 

Zentrum für Regenbogenfamilien in Frankfurt?

Um für Regenbogenfamilien einen Ort zu schaffen, an dem sie sich vernetzen können und Beratungsangebote finden, die auf ihre Situation passen, haben andere Städte wie Berlin oder Stuttgart ein Regenbogen-Familienzentrum eingerichtet. Im "Koalitionsvertrag Frankfurt 2021-2026" steht, dass die Einrichtung eines Regenbogen-Familienzentrums in Frankfurt geprüft werden soll. Viele Regenbogenfamilien würden sich ein solches Zentrum sehr wünschen.
 

Statements beim IDAHOBITA* verdeutlichen Probleme

Im Rahmen des IDAHOBITA* (dem internationalen Tag gegen homo-, bi-, inter-, trans- und a*-Feindlichkeit) am 17. Mai 2023 haben wir eine Gedenkveranstaltung am "Frankfurter Engel" durchgeführt. Der "Frankfurter Engel" ist ein Mahnmal in der Nähe der Konstablerwache, welches an alle Menschen erinnert, die im Nationalsozialismus auf Grund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität verfolgt wurden, sowie all jene Menschen erinnert, die auch nach 1945 verfolgt und deren Schicksale verleugnet wurden.

Bei der Gedenkveranstaltung wurden Statements von Eltern und Kindern aus Regenbogenfamilien sowie einer Kita vorgetragen. Diese Statements können Sie hier nachlesen:

Statement einer queeren Mutter

"Unsere Kinder hat meine Frau geboren. Leider tut sich die Gesellschaft sehr schwer mit uns nichtgebärenden Müttern. 'Wer von Ihnen beiden ist denn die richtige Mutter?' – diese Frage höre ich immer wieder. Es verletzt jedes Mal aufs Neue, wenn z.B. mich eine Erzieherin fragt, ob ich mich denn auch für unsere Kinder verantwortlich fühle. Oder, wenn eine Freundin überrascht ist, dass ich unser Kind mit auf die Toilette begleite – ob denn das Kind das auch zulassen würde?

Besonders eindrücklich war die Situation, als unser Sohn noch als Säugling kurz auf dem Arm einer Tante war. Er begann zu weinen und ich wollte ihn nehmen. Doch die Tante gab mir mein Kind nicht, sondern hat es kurzerhand es der Oma, der Mutter meiner Frau, in den Arm gedrückt.  In ihren Augen hatte ich mit dem Kind nichts zu tun.
Mit diesem Verhalten verletzten die Menschen nicht nur die nicht gebärende Mütter. Sondern sie negieren auch die Liebe der Kinder zu ihren Eltern."

Statement eines trans* Vaters

"Wir sind eine Vater-Mutter-Kind-Familie. So auf den ersten Blick. Nur ein bisschen anders. Ich bin trans und habe als trans Mann meinen Sohn geboren, nicht meine Frau. Aber eine richtige Geburtsurkunde haben wir nicht. Unter 'Mutter' steht ein Vorname, der existiert sonst nirgends mehr. Ich hasse diesen Vornamen, das bin ich nie gewesen. Am Tag, als wir die Geburtsurkunde bekommen haben, konnte ich nicht aufhören zu weinen.

Meine Frau stand erstmal gar nicht in der Geburtsurkunde unseres Sohnes. Obwohl wir verheiratet sind und uns gemeinsam dafür entschieden haben, dass wir ein Kind wollen. Sie ist seine Mutter gewesen, schon bevor er geboren wurde. Sie hat ihn gestillt und war jede Nacht mit ihm wach. Aber rechtlich war sie erstmal niemand. Stiefkindadoption. Monatelang Besuche vom Jugendamt. Alles wollen die wissen. Wie haben Sie ihren Mann kennengelernt? Wie ist ihre Beziehung? Was arbeiten Sie? Wie viel verdienen Sie? Wie wollen Sie das Kind erziehen? Warten auf Briefe. Von der Anwältin, vom Notar, der wartet selber noch auf die Stellungnahme vom Jugendamt. Warten auf einen Gerichtstermin. Die Richterin ist grade im Urlaub.

Endlich, irgendwann ist es geschafft. Nach 14 Monaten. Länger als eine Schwangerschaft. Willkürliche Gesetze, die dein Leben bestimmen: Meine Frau hat das sehr belastet. Ich kannte das schon. Es hat mich an meine Personenstandsänderung erinnert. Fremde Menschen, die dich und dein Leben begutachten. Im Herbst kommt mein Sohn in den Kindergarten. Zumindest ein Elternteil steht jetzt richtig in seiner Geburtsurkunde. Ich wünsche mir, dass mein Name da auch irgendwann steht."

Statement einer Regenbogenmama

"Wir sind ein Frauenpaar, und unseren Sohn hat meine Frau geboren. In der Geburtsurkunde stand unter 'Mutter des Kindes' ihr Name. Das Feld 'Vater des Kindes' blieb leer.  Ich musste nun das Stiefkindadoptionsverfahren durchlaufen.

Wenn ich die Überprüfung mit Erfolg bestehe, bekommen wir am Ende Geburtsurkunde, in der die Formularfelder 'Mutter' und 'Vater' durch die Felder 'Elternteil 1' und 'Elternteil 2' ersetzt sind und endlich auch ich als Mutter unseres Sohns anerkannt bin.

Nach mehr als zwei aufreibenden Jahren war es endlich soweit: Wir durften zum Standesamt fahren, um die Urkunde abzuholen. Wir sitzen am Tisch der Sachbearbeiterin und bitten Sie, uns die neue Geburtsurkunde auszuhändigen. Sie würdigt uns keines Blickes, schaut auf ihren Bildschirm und druckt dann ein Blatt Papier aus. Sie unterschreibt es sichtlich aufgebracht und schiebt es uns voller Wut über den Tisch mit den Worten 'Ich muss es Ihnen ja geben, aber gut finde ich das nicht!'"

Statement eines 9-jährigen Mädchens mit zwei Vätern

"Eine Regenbogenfamilie ist genauso gut wie jede andere Familie. Es ist egal, ob die Eltern Mann und Frau, zwei Frauen oder zwei Männer sind. Es kommt nur darauf an, dass ich geliebt werde und ein gutes Zuhause habe. Ich liebe alle aus meiner Familie sehr, egal wie oder wer sie sind."

Statement einer queeren Mutter

"Morgens, 10 Uhr in der Krippeneinrichtung einer Großstadt: Mein Kind lernt gerade die Einrichtung kennen, ist in der sogenannten 'Eingewöhnung'. Ich soll möglichst unauffällig sein, damit das Kind sich frei fühlt, die Krippe zu entdecken.

Da werde ich angesprochen. Eine der Erzieher*innen bastelt gerade einen Lampion fertig und verrät mir ungefragt ihre Sicht auf die Eingewöhnung und die Welt. Dass das Kind sich aus ihrer Perspektive recht schwer tue mit der Eingewöhnung, liege eindeutig an den vielen Bezugspersonen meines Familiensystems. Das sei einfach zu viel. Drei weitere Bezugspersonen – es könne sich ja nicht einfach irgendwer um das Kind kümmern!

Ich frage mich, ob sie das auch so sehen würde, wenn diese drei weiteren Bezugspersonen Vater, Oma und Opa wären. Aber außer einem 'Es ist nicht irgendwer, es sind Menschen, die das Kind seit Stunde null begleiten', bekomme ich kaum etwas heraus. Ich habe gar keine Lust mich zu verteidigen. Aber der Ärger ist da. Und die Verletzung."

Statement eines queeren Vaters

"Familie bedeutet im besten Sinne Liebe – davon gibt es in einer Regenbogenfamilie nicht weniger als in jeder anderen Familie. Denn Liebe unterscheidet nicht, sondern sie verbindet!"

Statement einer queeren Mutter

"Im Kindergarten wird unser vierjähriger Sohn an der Garderobe von einem anderen Kind gefragt, wo denn sein Papa ist. Er lacht laut auf: 'Ich habe doch gar keinen Papa. Ich habe zwei Mamas!' Im Hintergrund ein anderes Kind: 'Das ist voll unfair, ich will auch zwei Mamas!"   

Statement eines pädagogischen Teams einer Kinderbetreuungseinrichtung

"In unserer Einrichtung gibt es mehrere Regenbogenfamilien. Als kommunale Einrichtung legen wir Wert darauf, alle Familien willkommen zu heißen. Wenn wir auf die Kinder schauen, die wir betreuen, gehört es zu ihrer Normalität, dass manche eine Mama und Mami und andere einen Papa und Mama haben.

Bisher hat uns noch keine Familie gefunden, bei der das Elternpaar aus zwei Männern besteht. Wir sind grundsätzlich für alle Partnerkonstellationen offen. Jeder Mensch hat das Recht zu entscheiden, in welcher Partnerkonstellation er leben möchte.

Als Kitateam beschäftigt uns die Frage, wie wir Inklusion noch besser umsetzen können. Um unsere pädagogische Arbeit zu reflektieren und weiter zu entwickeln, sind wir auch auf die Rückmeldungen der Eltern angewiesen. Wir stellen selbst die Frage, ob und wie wir die Paarkonstellation für den Austausch über Bedarfe und Zufriedenheit der Familien einbeziehen sollten. Wir arbeiten weiter an einer diversitätsbewussten Haltung, die Unterschiede wertschätzt und Gemeinsamkeiten in den Fokus stellt."
 

Koordnierungsstelle LSBTIQ im AmkA

Sie haben Fragen? Sprechen Sie uns an:

Tel.: (069) 212-73145
E-Mail: amka.lsbtiq@stadt-frankfurt.de

Mehr Infos gibt's hier.