Remake. Frankfurter Frauen* Film Tage
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Wir feiern ein kleines Jubiläum: Das fünfte Remake. Vor sieben Jahren riefen wir – Heide Schlüpmann, Karola Gramann und ich – das Festival ins Leben. Es fand zunächst zwei Jahre in Folge statt und wechselte dann in den zweijährigen Turnus. Im vergangenen Jahr haben Heide und Karola sich aus der aktiven Mitarbeit in der Kinothek Asta Nielsen verabschiedet und es mischt sich Wehmut mit der Vorfreude, viele Kurator*innen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Ansätzen bei der Vorstellung ihrer Programmbeiträge zu erleben.
Angesichts der Zustände ist uns Festivalmacher*innen gleichwohl nicht nach Feiern zumute. Nach Zusammenkommen, gemeinsam Filmeschauen und Reden umso mehr! Und danach, Fäden wieder aufzunehmen, Programme weiterzuspinnen, Freund*innen wiederzusehen, neues Publikum kennenzulernen.
All jenen Filmarbeiter*innen, die ihre Filme, Ideen, Forschungen; ihre Kräfte und ihre Leidenschaft beigetragen haben und beitragen, ein herzliches Dankeschön. Auf institutioneller Ebene geht unser Dank insbesondere an die Hessen Film und Medien GmbH und das Frauenreferat der Stadt Frankfurt am Main für die substanzielle Förderung des Festivals; an alle Kinos, Vereine, Initiativen für die schönen Zusammenarbeiten.
100 Jahre Frauenwahlrecht – 50 Jahre Feministische Filmarbeit, Geschichtsanschauung. HerStory im Kino, „… weil nur zählt was Geld einbringt“: Frauen, Arbeit und Film,Gemeinsam…! Nähe, Verantwortung und Solidarität mit Anderen – das waren die Themensetzungen der bisherigen Ausgaben von Remake. Woher wir kommen, wohin wir gehen ist das Motiv des diesjährigen Festivals und ist generationellen Verhältnissen im Film gewidmet. Die Festivalpersonale würdigt die Kamerafrau und Regisseurin Gisela Tuchtenhagen. Ein weiterer Programmstrang erinnert an das belarusische Produktionsstudio Tatjana (1991–2003) und das Internationale Frauenfilmfestival in Minsk.
Freuen darf sich das Remake-Publikum auf eine besondere Stummfilmaufführung mit Live-Musik: Als CineConcert kommt King Vidors Komödie THE PATSY (USA 1928) auf die Leinwand. In der Hauptrolle ist Marion Davis zu sehen. Die Musikerinnen des Abends: Pianistin und Komponistin Maud Nelissen und Daphne Balvers am Sopran/Alt-Saxofon.
Remembering Together – Memory Care Work ist der Titel eines Remake-Programms zu Aids-Aktivismus. Gemeinsames Erinnern, Geschichte(n) Raum zu geben, ist einer der wichtigsten Anliegen unserer Arbeit: Mit Donna Deitchs lesbischem Kultfilm DESERT HEARTS (USA 1985), der romantische Herzen höher schlagen lässt, erinnern wir gemeinsam mit den Kolleg*innen vom Eye Filmmuseum an den feministischen Amsterdamer Filmverleih Cinemien und seine Gründung vor 40 Jahren.
In Kooperation mit der Deutschen Kinemathek ist pünktlich zum Festival die Digitalisierung der belarusisch-deutschen Koproduktion ORANGE WESTEN von 1992 fertiggestellt worden, eines Dokumentarfilms, dessen Bedeutung für das Verständnis der Differenzen von Ost-West-Feminismen und des grausamen Erbes des Stalinismus noch nicht voll ermessen wurde.
In Frankfurt lebte eine der wichtigsten Sinti-Bürgerrechtlerinnen dieser Republik: Melanie Spitta. Und unsere Stadt sollte wahrlich mehr tun, um ihrer offiziell zu gedenken! Gemeinsam mit Katrin Seybold realisierte sie vier Dokumentarfilme. Der bei Remake 2019 in unrestaurierter Fassung gezeigte Meilenstein in der Thematisierung des Völkermords an den deutschen Sinti, der Dokumentarfilm DAS FALSCHE WORT (BRD 1987), wurde kürzlich vom Filmmuseum München digital restauriert und läuft mit zwei weiteren sehr selten gezeigten Seybold-Spitta-Filmen beim Festival. Gerahmt wird das Filmprogramm von einem Gespräch mit Melanie Spittas Tochter, der Aktivistin Carmen Spitta, sowie der Vorsitzenden der Gedenkstätte Zwangslager Berlin-Marzahn, Petra Rosenberg und einer gemeinsamen Freundin der beiden, Wanda Kreutz, die als Pädagogin ein Berufsleben lang mit Sintikindern und -jugendlichen gearbeitet hat.
Seit dem Gründungsjahr 2018 ist viel in dieser Welt passiert, zu viel Schreckliches. Wir richten uns ein weiteres Mal für die Festivalwoche an einem Ort ein, der nach dem Zweiten Weltkrieg im Geiste von Demokratisierung und Zukunftshoffnung errichtet wurde: im Studierendenhaus der Goethe-Universität Frankfurt, genauer: im Festsaal. Dem Ort des studentischen Kinos Pupille. Um gemeinsam in Richtung Leinwand in die Welt zu schauen. Um weiter zu sehen.
Für das Remake-Team
Gaby Babić